Qualzuchten- was ist das? Mal aus einem ganz anderen Blickwinkel!
Wenn über Qualzuchten gesprochen wird, denkt man natürlich direkt an alle kurznasigen Rassen, wie den Mops, die englische Bulldogge, die französische Bulldogge oder ähnliche Rassen.
Bei Instagram und Facebook ploppen Videos und Fotos auf, in denen die Qual dieser Tiere dokumentiert wird. Zurecht! Denn diese Hunde brauchen eine Lobby. Man muss diese Qual sichtbar machen und sensibilisieren, dass die Hunde mit massiven gesundheitlichen Beeinträchtigungen auf die Welt kommen. Diese Form der Züchtung sollte man nicht durch den Kauf eines Welpen unterstützen.
ABER:
Was mir persönlich seit einigen Jahren gehörig auf den Geist geht, ist der Umgang mit diesem Thema.
Denn wie so oft im Leben gibt es nicht nur den einen Blickwinkel, und nicht alles ist immer schwarz oder weiß.
Mittlerweile sind auch einige Trainerkollegen dazu übergegangen Hundehalter oben genannter Rassen massiv anzuklagen, im Internet wird gewettert und gezetert, was das Zeug hält, man stellt diese Menschen in eine Ecke, in die sie nicht hinein gehören.
Im Laufe der letzten Jahre sind mir so einige Vertreter dieser Rassen begegnet, an deren Lebensqualität nichts auszusetzen war. Denn natürlich gibt es auch verantwortungsvolle Züchter, die sehr wohl daran interessiert sind, gesunde, lebensfrohe Hunde zu züchten. Die Nasen werden immer länger- und das ist auch gut so. Seit gut einem Jahr lebt auch bei uns eine französische Bulldogge. Schon bei der Anschaffung wurde mir von Trainerkollegen klar gemacht- so was darf man sich als Profi so gar nicht anschaffen. Bullshit!
Und interessiert mich nicht die Bohne!
Unsere Bulldogge Hugo erfreut sich bester Gesundheit und kommt aus einem Shelter in Ungarn. Natürlich schnorchelt er bei Zeiten vor sich hin, wie schnell zu beobachten war, setzt er das beim Menschen auch bewusst ein, er gilt wie der Tierarzt des Tierschutzvereines so schön schrieb, als Freiatmer, trotz seiner kurzen Schnauze. Er ist der liebste Spielkamerad unserer Cane Corso Hündin, Bewegung und lange Spaziergänge machen ihm rein gar nichts aus. Er ist Lebensfreude pur, und genießt alles in vollen Zügen. Ein Gegenbeispiel, wie so einige in meiner Umgebung. Was machen wir mit diesen Hunden in den Tierheimen? Alle Einschläfern? Macht das wirklich Sinn? Jedem ein Stigmata zu verpassen oder auszugrenzen der sich dieser Rassen erfreut? Ihnen als Hundetrainer das Training als Strafe zu verweigern? Meines sei Achtens nicht der richtige Weg Menschen zu sensibilisieren.
Auch ich werde auf Spaziergängen negativ auf Hugo angesprochen, ohne dass man unsere Geschichte oder seinen Gesundheitszustand kennt.
Mit dem Finger auf jemanden zeigen, wie war das nochmal mit dem Glashaus und den Steinen?
Denn ist Qualzucht ausschließlich durch körperliche Gesundheit zu definieren? Hütehunde, Jagdhunde, Schlittenhunde, (Herden)Schutzhunde- sind das nicht auch Qualzuchten? Ich denke auf jeden Fall! Diese Hunde, deren Arbeitsdrang und Energie kaum zu bändigen sind, die Ständig unter Strom stehen, und jeden Tag mit angestrengt angezogener Handbremse durchs Leben gehen müssen? Vollkommen fehlbesetzt als Familienhund fungieren sollen, oder mühsam gegen Ihren Jagdtrieb anarbeiten- selbige werden von ihren Besitzern meist lebenslang an der Leine gehalten. Der immer beliebter werdende Malinois (eine Varietät des belgischen Schäferhundes)- häufig aus Prestigegründen gehalten, nicht selten natürlich Arbeitslinie, weil die sind ja so wunderschön- für die Hunde (und die Besitzer) eine tägliche Qual! Nicht selten landen genau diese Hunde im Tierheim weil für diese Kraftprotze und Arbeitsmaschinen in unserer Gesellschaft kaum Platz ist, und leider nur die wenigsten wissen, wie man diesen unbändigen Arbeitsdrang so kanalisieren kann, das ein Zusammenleben nicht für alle beteiligten zur Qual wird.
Natürlich gibt es auch bei diesen Rassen gemäßigte Vertreter, auch ich kenne vollkommen unkomplizierte Herdenschutzhunde, gechillte Border Collies und abrufbare Jagdhunde.
Sollten wir nicht auch Hundehalter und nicht zuletzt auch Züchter dafür sensibilisieren dass auch das eine tägliche Qual ist für diese Tiere?
Im Großen und Ganzen plädiere ich dafür nicht alles durch die Schwarz-weiß-Brille zu sehen. Hunde und Hundehalter sind individuell. Gott sei Dank. Der allergrößte Teil ist vernünftig und möchte nur das Beste für den vierbeinigen Freund. Und auch wenn diese aus Mitleid, Unwissenheit oder Naivität, oder welchen Gründen auch immer Halter eines Hundes, ich würde mal sagen mit gesundheitlichen und/oder verhaltensauffälligen Problemen geworden sind, steht es niemandem zu mit erhobenem Zeigefinger über alles und jeden zu richten.
Aufklärung, Lösungsorientiertes und wohlwollendes Coaching kann und wird die Situation langfristig entspannen. In diesem Sinne
Only Love- don´t hate!